Der Mensch: Leib, Seele und Geist
Dreigliedrigkeit des Menschen nach der Schrift
Die Bibel beschreibt den Menschen vielfältig und aus unterschiedlichen Gesichtspunkten. An einer Stelle erfahren wir aber, was ein vollständiger Mensch ist, hier gebraucht die Schrift sogar das Wort ὁλοτελεῖς holoteläs besteht aus den Silben holo (ganz, durch und durch) und teläs vollendigt/ins Ziel geführt. Gemäß dieses Verses besteht der Mensch aus den drei Elementen Geist, Seele und Leib – nicht zu verwechseln mit dem Fleisch, einer besonderen Umsetzungsform des Leibes.
1Thess 5:23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch ganzvollendet, und ganzvollständig möge euer Geist (πνενμα pneuma) und Seele (ψνχῂ psychä) und Leib (σῶμα soma) untadelig bewahrt werden in der Anwesenheit unseres Herrn Jesus Christus.
Eine beispielhafte Analogie hierzu finden wir in dem Gleichnis (Parabel) vom Sämann:
MK 4:20 Und die auf die ideale Erde Gesäten sind jene, die das Wort hören (-> Leib) und empfangen (-> Seele) und Frucht tragen (-> Geist)
Diese Dreiteilung finden wir mehrfach in der Schrift mit Bezug auf den Menschen, aber auch auf weitere Elemente der Schöpfung.
Ein weitere Beispiel, das sich über die in der Schrift gebrauchten biblischen Bilder übertragen lässt, sind die Aggregatzustände gasförmig, flüssig und fest.
So trennt auch unser Herr Jesus Christus und weißt die Jünger (Lernenden) beispielsweise auf die Gefahr satanischer Verführung und deren Einfluss auf diese Elemente hin.
Mat 10:28 Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib umbringen, die Seele aber nicht umzubringen vermögen. Fürchtet aber viel mehr den, der sowohl Seele als auch Leib in der Gehenna zu verderben vermag.
Dreigliedrigkeit des Zeltes der Begegnung
Das Zelt der Begegnung als mehrfaches Bild auf den Menschen trägt ebenfalls eine dreigeteilte Gliederung in Vorhof, Heiligtum und Allerheiligstes.
Diese dreifache Gliederung lässt sich so wie alle weiteren dreifach gegliederten Elemente in der Schrift den menschlichen Elementen Geist, Seele und Leib zuordnen.
Weitere Zuordnungen sind in der folgenden Tabelle dargestellt:
Neben der grundsätzlichen Dreiteilung des Zeltes der Begegnung als Ganzes finden wir die Möglichkeit, auch weitere Details zuzuordnen. Diese Zuordnungen sind aber nach dem aktuellen Verständnis des Autors nicht separat durch Schriftstellen belegt
Auslegung nach Luther
Eine der ersten verbreiteten Auslegungen zu der Symbolik des Zeltes der Begegnung auf die Elemente des Menschen Geist, Seele und Leib erfolgte durch Martin Luther 1521 in seiner Auslegung des zu der Zeit sogn. Magnificats, dem Lob der Maria gegenüber Elisabeth (Lk 1:46-55 [1]).
Luther schreibt hierzu:
Quelle: Dr. Martin Luthers sämtliche Schriften, 7. Band [2]
In dieser Auslegung ist es für Luther selbstverständlich, dass die drei Elemente des Zeltes der Begegnung die drei Wesenselemente des Menschen abbilden. Er unterstreicht das mit der Beschreibung der Lichtverhältnisse in den drei Abschnitten und sieht das Allerheiligste als den Bereich des Glaubens. Wesentliches Element dieser Unterscheidung für Luther ist die Qualität der Beleuchtung, d.h. welches Licht wirkt. Im Geist wirkt der Glauben, den er als finster bezeichnet, braucht es kein künstliches Licht oder eine Beleuchtung durch die Sonne, weil es vom Herrn selbst erleuchtet wird, der ja das Licht ist (Joh 8,12 [3]). Wissend, dass dieser Glaube der Glaube des Christus ist, der in uns wirkt, empfangen wir seine Teilhabe als Gnaden-Geschenk und nicht aus unseren Werken (Gal 2,20 [4]).
Das Heiligtum als Bild auf die Seele wiederum wird durch den siebenarmigen Leuchter erleuchtet. Hier ist zu bemerken, dass das Feuer hierzu vom Brandopferaltar (Altar des Hinaufweihungsopfers) genommen wird und dieses Feuer direkt von Gott geschenkt ist, damit kein fremdes Feuer [5] im Zelt der Begegnung wirkt, nur das heilige Feuer Gottes.
Auslegung nach Friedrich und Baehr
Die detaillierte Beschreibung des Zeltes der Begegnung hat schon mehrfach die Schriftforscher angeregt, sich mit den Zusammenhängen und der Symbolik zu beschäftigen. Ein Disput zu dem Themenfeld wurde in Form von Büchern durchgeführt. Die Schrift von Ferdinand Friedrich [6] war eine detaillierte Antwort auf die Luther teilweise widersprechende Auslegung von Bähr [7].
Neben der generellen Auslegung der Struktur des Zeltes der Begegnung auf Leib Seele und Geist versucht Friedrich auch die einzelnen Elemente des Zeltes den Funktionen und Organen des Menschen zuzuordnen. Hierbei kommt es aber immer wieder zu einer Vermischung der Symbolik auf ein Körperteil mit der Symbolik auf eine Funktion von Leib, Seele und Geist. Diese Betrachtung verknüpft die räumliche Zuordnung der menschlichen Elemente Leib, Seele und Geist mit den an den entsprechenden Orten des Zeltes positionierten Elementen (Brandopferaltar und Becken im Vorhof, Leuchter und Schaubrottisch im Heiligtum und Bundeslade im Allerheiligsten).
Friedrich wurde bei dieser Betrachtung z.B. die Erkenntnis geschenkt, dass die Pfosten der Stiftshütte eine Abbildung des Knochenbaus des Menschen sind.
Quelle: Symbolik der Mosaischen Stiftshütte, Ferdinand Friedrich [6]
Hierbei werden beispielsweise die Pfosten der Vorhofes mit den Gliedmaßen verglichen und die Pfosten des Heiligtumes mit den Rippen des Korpus. Eine detaillierte Betrachtung dieser Zuordnung erfolgt im Abschnitt Der Mensch: Der Knochenbau des Menschen.
[1] LK 1,46-55 46 Und Maria sagte: Meine Seele macht den Herrn groß, 47 und mein Geist jubelte aufgrund von Gott, meinem Retter, 48 da er auf die Niedrigkeit seiner Sklavin blickte. Denn nimm wahr! Von nun an werden mich glückselig preisen alle Geschlechter, 49 da der Vermögensmächtige mir Großes tat, und heilig ist sein Name. 50 Und sein Erbarmen ist in Geschlechtern und Geschlechtern denen, die ihn fürchten. 51 Er hat Haltekraft getätigt mittels seines Armes. Er zerstreute die in der Denkart ihrer Herzen Überheblichen. 52 Er holte Vermögensmächtige von ihren Thronen herab und erhöhte Niedrige. 53 Hungernde füllte er mit Guten, und Reiche sandte er leer weg. 54 Er nahm sich Israels, seines Knaben, an, um des Erbarmens erinnert zu werden 55 – so wie er zu unseren Vätern sprach – gegenüber Abraham und seinem Samen hinein in den Äon.
[2] Dr. Martin Luthers sämtliche Schriften, herausgegeben von Dr. Georg Walch, 7. Band, Auslegung des Neuen Testamentes, Verlag der Lutherischen Buchhandlung.
[3] Joh 8,12 Jesus nun sprach nochmals zu ihnen und sagte: Ich, ich bin das Licht des Kosmos. Der, der mir nachfolgt, wird keinesfalls in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben.
[4] Gal 2,20 und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber nun im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben, dem des Sohnes Gottes, der mich liebt und sich selbst für mich danebengegeben hat.
[5] 3Mos 10:1 Und die Söhne Aarons, Nadab und Abihu, nahmen ein jeder seine Räucherpfanne und taten Feuer hinein und legten Räucherwerk darauf und brachten fremdes Feuer vor Jehova dar, das er ihnen nicht geboten hatte.
[6] Symbolik der Mosaischen Stiftshütte, Eine Verteidigung Dr. Luthers gegen Dr. Bähr, Ferdinand Friedrich, Verlag Otto Wigand, Leipzig 1841
[7] Symbolik des Mosaischen Cultus, Karl Christian Wilhelm Felix Bähr, akademische Buchhandlung, Heidelberg 1837