Die Wiederherstellungs-Schöpfung
und ihre heilsgeschichtliche Funktion
Der bekannte Schöpfungs-Bericht beschreibt die Wiederherstellungs-Schöpfung. Mit Blick auf den vorher geschehenen Fall der Urschöpfung zeigt dieser Bericht auch die heilsgeschichtliche Funktion der Schöpfung und ihrer Ordnung. Die zweite Hälfte des zweiten Verses der Bibel zeigt, wie Gott den in der ersten Hälfte des Verses beschriebenen Fall der Urschöpfung nicht so lassen möchte.
Wenn der Geist Gottes über den Wassern schwebt, steht im hebräischen Grundtext konkordant übersetzt
1Mos 1:2b Und Geistwind ÄLoHI’Ms vibrierend auf Angesichtern von den Wassern
Dieser Vers beschreibt sowohl die Reaktion Gottes – er lässt seinen Geist wirken und gleichzeitig mit dem gegebenen Abstand (auf dem Angesicht der Wasser statt auf dem Angesicht des Tumults), um mit seinem Lichtwesen nicht die Wesen der Dunkelheit zu vernichten.
Die erste Aktion der Wiederherstellungs-Schöpfung ist eine sehr persönliche:
1Mos 1:3 Und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht.
Wenn Gott spricht, dass etwas werden soll, ist es Ausdruck seiner Göttlichkeit, dass es wird, also ins Dasein gerufen wird, d.h. in die Sichtbarkeit gerufen wird. Hier gibt der Herr etwas von sich, denn im Neuen Testament lesen wir (Joh 8:12 [1]), dass der Herr das Licht selbst ist.
Durch die hebräische Grammatik haben wir mit dem sogenannten Wav-Imperfekt und dem folgenden Imperfekt eine Kurzskizze der Heilsgeschichte: Nach dem Wav-Zeichen, dem Pfahl [2] folgt die nicht abgeschlossene Ankündigung des Licht-Werdens, des Kommen Jesu in diese Welt (Joh 3:19-21 [3] und Joh 1:9) und danach dessen Konsequenz des damit startenden (zum Zeitpunkt dieses Textes nicht abgeschlossenen) generellen Lichtwerdens.
An diesen Vers schließt sich die göttliche Bestätigung an, dass dieses Licht gut ist. Um nicht die Finsternis mit all dem, was in ihr ist zu zerstören, scheidet Gott nun das Licht von der Finsternis und schafft damit zwei Handlungsräume. Dass es um die Bereiche für die Heilsgeschichte geht, sehen wir in Vers 5, wenn er diesen Bereichen die Namen Tag und Nacht gibt. Psalm 2:7 bestätigt uns, dass der Herr nicht nur das personifizierte Licht ist, sondern auch der personifizierte Tag [4]. Dass der Gesamt-Tag aus dem Tag-Teil und dem Nacht-Teil besteht, zeigt uns das Ziel des Herrn, auch den Finsternis-Teil wieder ins Licht zu führen.
Nachdem am ersten Wiederherstellungs-Tag Licht und Finsternis sortiert wurden, werden am zweiten Tag die Wasser oberhalb und unterhalb des Firmamentes sortiert. Dieses Firmament heißt wörtlich Ausgedehntes (RaQI´Ã) und zeigt somit an, dass es aus etwas Vorherigem besteht, was durch die Beschreibung in 1.Moses 1.14 und auch 2.Petr 3:5 bestätigt wird. Als Bezeichnung der Aufgabe, der Herkunft und des Zieles dieses Firmamentes (Ausgedehntes) bekommt es den Namen Himmel.
Nach der Trennung der Wasser werden am dritten Tag der Wiederherstellungs-Schöpfung die Wasser unterhalb des Firmamentes von dem Trockenen getrennt. Auch hier werden Namen (Erdland und Meer) vergeben, die die Aufgabe und Kompetenz innerhalb der Heilsgeschichte anzeigen.
Die erste Aufgabe dieses Erdlandes ist es, Pflanzen hervorbringen zu lassen (1.Moses 1:11 [5]), d.h. den Samen, den das abgetrennte Erdland noch aus der Urschöpfung in sich trägt keimen zu lassen:
1Mos 1:11 Und Gott sprach: Die Erde lasse Gras hervorsprossen, Kraut, das Samen hervorbringe, Fruchtbäume, die Frucht tragen nach ihrer Art, in welcher ihr Same sei auf der Erde! Und es ward also.
Die so geschaffenen Pfanzen haben, wie in Vers 12 beschrieben, die Aufgaben neuen Samen bzw Früchte mit neuem Samen aus sich hervorzubringen.
Der vierte Tag hat eine Besonderheit gegenüber den vorherigen Tagen, an denen geordnet wurde bzw. den enthaltenen Samen Leben geschenkt wurde. Nach dem himmlischen „es werde und es ward“ folgt die Beschreibung eines Machens (hebräisch ÅSaH) der Himmelskörper. Dieses Wort beschreibt den Vorgang des Machens als ein Machen aus einer bestehenden Substanz im Gegensatz zum Schaffen aus der Göttlichkeit, das im hebräischen BaRA heißt. Diese Himmelskörper werden dann im Firmament – das den Namen Himmel bekommen hat – platziert und erhalten die Aufgabe, auf das Erdland zu leuchten und Zeichen zu sein, an denen Tag und Nacht, aber auch Zeitenräume unterschieden werden können. Hier wird deutlich, dass der Himmel ein Volumen ist, aber keine Aussage getroffen, dass er endlos sei.
Der fünfte Tag der Wiederherstellungsschöpfung beginnt Gott – ÄLoHIM nicht mit dem bisher genutzen „es werde“, sondern er spricht im Imperfekt „ es wimmeln ..“. Dieser Unterschied ergänzt sich durch das anschließend beschriebene göttliche Schaffen (hebräisch BaRA ברא), d.h. es wird hier aus seiner Göttlichkeit etwas auf die „Bühne“ der Schöpfung – ins Licht des geschaffenen Kosmos gestellt. Ziel dieses Schaffens sind sowohl die Tiere des Meeres das sogenannte Gewimmel als auch die Vögel, oder wie sie im Hebräischen genannt werden die Gefiederten. Auffällig ist, dass hier auch von allen Seelen des Belebten gesprochen wird, die zusammen mit den Ungeheuern im Meer und all den Sorten des Flatternden erschaffen werden [6]. Die hebräische Sprache substantiviert hier die handelnden Eigenschaften der entsprechenden Tiere. Die hier genannten Seelen sind Teil der göttlichen Neuschöpfung innerhalb der Wiederherstellungsschöpfung.
Am oder besser im sechsten Tag werden die Tiere geschaffen. Hier nutzt der Herr wieder die wieder geordnete Masse der gefallenen ersten Schöpfung als Ausgangsbasis für das Schaffen der restlichen Tierwelt.
1Mos 1:24 Es lässt herausgehen das Erdland lebende Seele, ihrer Art zugehörig, Getier und Gerege und Belebtes des Erdlands, seiner Art zugehörig. Und es wurde also.
Die Seelen aller Tierarten sind aus dem Erdland entnommen, das über die Teilungsvorgänge der ersten Tage dem ToHU WaBoHU – dem Chaos der gefallenen ersten Schöpfung entnommen ist. Ebenso zeigt das Verb ASaH für machen an, dass hier schon vorhandenes Material für das Schöpfen/Machen der Tiere genutzt wird, also auch Elemente der gefallenen Schöpfung.
Die Schrift trennt die Tiere in drei Arten, die größeren Tiere, das sogenannte Gerege (vorr. alles, was sich auf der Erde bewegt, also Gewürm, Käfer etc.) und Belebtes (schließt der Beschreibung nach auch Einzeller mit ein). Wir haben hier also Tiere in unterschiedlichen Gruppen, die wir in den weiteren biblischen Berichten wieder vorfinden mit unterschiedlichen Aufgaben. All diese Aufgaben inkludieren gemäß Vers 30 den Kontakt mit dem Erdland und dem Himmel und die Aufnahme der Vegetation als Nahrung. Diese Aufnahme der Nahrung ist ein Eins-werden mit dieser Nahrung analog dem, was wir später als Speiseopfer beschrieben bekommen.
Zur Ordnung und Verwaltung dieser am fünften und sechsten Tag geschaffenen Tierwelt setzt ÄLoHIM Gott den Menschen als letztes Element dieser Schöpfung ein. Das oft mit herrschen übersetzte hebräische Wort RaDaH רדה beinhaltet nach dem Wörterbuch von Gesenius einen fünffachen Herrschaftsauftrag: (Kelter) treten, regieren, herrschen, zerbrechen, aber auch (Honigwabe) auskratzen (=Ergebnisse nutzen). Auch hier wird das Ziel der Schöpfung, Früchte zu bekommen, deutlich.
Der Folgevers der wieder göttlichen Schaffung (BaRA) des Menschen klingt wiederholend:
1Mos 1:27 Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf er ihn; Mann und Weib schuf er sie.
Mit Betrachtung der im Grundtext genutzten Personalpronomen wird deutlich, dass es um eine mehrstufige Schöpfung geht:
1Mos 1:27 Und ÄLoHI’M erschuf den ADa’M in seinem Bild, im Bild der ÄLoHI’M erschuf er ihn, männlich und weiblich erschuf er sie.
Die Erschaffung erfolgt zuerst im Bilde DES ÄLoHIM, dann im Bilde DER ÄLoHIM (Plural) und dann in der Trennung männlich und weiblich. Diese Abfolge ist wichtig, um die Beschreibung der Einsetzung des ADaM in sein Priestertum in 1.Mose 2 verstehen zu können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Schöpfungsbeschreibung in 1. Mose nach dem sehr kurzen Bericht über die Urschöpfung und deren Fall die Darstellung der Wiederherstellung ist. Vielfach werden Materialien aus dem gefallenen ersten Kosmos wieder hergestellt, geordnet und genutzt. Alle Elemente dieser Schöpfung dienen der Hinführung dieser wieder hergestellten und geordneten Schöpfung in die Heiligkeit und damit zum Herrn – so wie es das Zelt der Begegnung beschreibt
[1] Joh 8:12 Jesus nun sprach nochmals zu ihnen und sagte: Ich, ich bin das Licht des Kosmos. Der, der mir nachfolgt, wird keinesfalls in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben.
[2] Im Altgriechischen Text ist vom Pfahl die Rede, wo in aktuellen Übersetzungen das Kreuz genannt ist. Der hebräische Buchstabe des „Wav“ hat sowohl die Form eines Pfahles, als er auch die Funktion hat, nachfolgende Zeiten umzukehren (perfektà imperfekt)
[3] Joh 3:19 Dies aber ist das Gericht, dass das Licht hin den Kosmos gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis viel mehr als das Licht, denn ihre die Werke waren böse.
[4] Psalm2:7 Mein Sohn bist du, ich, ich gebar dich den heutigen Tag. Oder wörtlicher (konkordanter)
Mein Sohn bist Du – Ich – dich gebar ich – den Tag
[5] 1Mos 1:11 Und ÄLoHI’M sprach: Es lässt keimen das Erdland Gekeim, Gekräut, (zu)samengebend Samen, Bäumiges der Frucht, Frucht machend, seiner Art zugehörig, in welcher sein Same in ihr auf dem Erdland
[6] 1Mos 1:21 Und ÄLoHI’M erschuf die großen Ungeheuer und alle Seele dem Belebten, dem sich Regende, deren die Wasser wimmeln, seiner Art zugehörig, und alles Flatternde des Geflügelten, seiner Art zugehörig. Und ÄLoHI’M sah, dass es gut.